Dieter Scholz
Bei einem Vergleich zum bodengebundenen Verkehr muss beachtet werden, dass die Umweltwirkung hinsichtlich der Erderwärmung bei Business Jets und Passagierjets durch die Flughöhe etwa dreimal so hoch ist. Der absolute Verbrauch und CO2-Ausstoß ist bei schnellen Verkehrsmitteln zudem hoch, weil in kurzer Zeit weite Strecken zurückgelegt werden können.
Die CO2-Masse ergibt sich aus der Kraftstoffmasse mit dem Faktor 3,15. Die Masse der äquivalenten CO2 ergibt sich aus der CO2-Masse mit dem Faktor drei. So kommt die Cessna Citation CJ1+ auf rund 100 kg äquivalente CO2 (10,5 kg . 3,15 . 3) pro Sitz auf 100 km.
Siehe auch: Environmental Footprint of Private and Business Jets.
GBAA Geschäftsführer Andreas Mundsinger fordert danach "eine sachliche Diskussion". "Als Vertreter der Geschäftsluftfahrt begrüßen wir jede zukunftsorientierte und konstruktive Diskussion über die Reduzierung von CO2-Emisionen". Mundsinger weiter: "Das Gros dieser [Business Jet] Flüge dient unseren weltweit vernetzten Unternehmen, um schnell reagieren zu können, um Liefer- und Produktionsketten zu stabilisieren und Serviceverträge einhalten zu können." Das ist fraglich. Die Flughistorie der OE-FMD ist seit dem 09.06.2023 bei FlightRadar24 nicht mehr einsehbar. Transparenz wird damit nicht geschaffen. Sollen die Flüge der OE-FMD zu Urlaubzielen (wie nach Sylt oder an die italienische Küste) versteckt werden? Eine Befragung (während der Pandemie) ergab, dass weniger als 1/3 der Flüge mit Business Jets aus beruflichen Gründen stattfindet (siehe Details in den Quellenangaben, unten).
Mundsinger gibt zu, dass Betreiber SAF nur "in sehr geringen Mengen" einsetzen. Laut GBAA weiter: "Hersteller von Geschäftsflugzeugen [sind] Innovationstreiber". Die "Geschäftsluftfahrt [sei] ein direkter Innovations- und Technologie-Inkubator für die breitere Luftfahrtindustrie, einschließlich der kommerziellen Luftfahrt". "Technologien [werden] entwickelt, die in der Regel auf die kommerzielle Luftfahrt übertragen werden und oft drastische Leistungsverbesserungen und Treibstoff- und damit Emissions-Einsparungen ermöglichen." Mundsinger behautpet, Business Jets "haben als erste Winglets, Glascockpits, leichtere Verbundwerkstoffe, verbesserte Antriebssysteme und aerodynamischere Strukturen in ihre Produkte eingebaut". Diese Aussagen sind nicht belegt und vermutlich falsch. Fest steht: Der spezifische Kraftstoffverbrauch (Specific Fuel Consumption, SFC) der Strahltriebwerke von Business Jets ist im Durchschnitt rund 30 % höher als der von Passagierjets (eigene Rechnung). Das liegt am geringen Nebenstromverhältnis (Bypass Ratio, BPR) und der geringeren Größe der Triebwerke an Business Jets. Beim geringen BPR wird bei weitem nicht das ausgenutzt, was heute technischer Standard ist. Ein Glascockpit liefert eine andere Form der Anzeige und spart dadurch direkt nichts. Teils wurden als aerodynamische Flügelprofile über Jahrzehnte die alten Profile aus den 60er Jahren weiter genutzt, obwohl bei den Passagierjets schon lange neue verbrauchsärmere Profile zum Standard gehörten. Das liegt einfach daran, dass die Geschäftsfliegerei dem kommerziellen Druck weniger ausgesetzt ist als die kommerzielle Luftfahrt, die mit einer geringen prozentualen Gewinnspanne existieren muss. Ein Business Jet wird eben oft auch einfach nach dem Aussehen und der Höchstgeschwindigkeit gekauft. Mundsinger wird zitiert mit: "General Aviation stehe heute für 90 % des globalen Luftverkehrs, der am weltweiten CO2-Ausstoß 2 % betrage." Er erklärt: Zur General Aviation (Allgemeinen Luftfahrt) "... zählen neben dem Businessverkehr auch die Sportfliegerei, Schul- und Trainingsflüge sowie Ambulanz- und Regierungsflüge". Die statistische Aussage hat mit "sachlicher Diskussion" wenig zu tun: 1.) Kritisiert werden von den Aktivisten die Business Jets und nicht die Allgemeine Luftfahrt / General Aviation allgemein. 2.) Vermutlich beziehen sich die "90 %" auf die Anzahl der Starts. Da zählen die Starts der Segelflugvereine dann auch mit dazu. 3.) Warum werden die CO2 der Allgemeinen Luftfahrt dem weltweiten CO2-Ausstoß gegenübergestellt (inklusive Industrie, Heizen, dem gesamten Verkehrssektor, ...)?
Mundsinger: "Im Privatflieger sitzen nicht nur Millionäre". Ja, das ist eine logisch richtige Aussage. Es gibt sicher eine Person, die weniger als eine Millionen (EUR oder USD) besitzt und schon einmal im Business Jet gesessen hat (z. B. am Boden während eine Luftfahrtausstellung). Solche Aussagen helfen nicht weiter. Bitte "eine sachliche Diskussion"! Wer durch das WWW surft bekommt solche Berichte zu sehen. Die ganze Diskussion um die Millionäre und die Business Jets verläuft bisher vergleichsweise unsachlich. Fakt ist: 2021 gab es in Deutschland rund 2,7 Millionen Vermögensmillionäre (Vermögen in USD). Ein Vermögensmillionär zu sein, ist also nicht wirklich etwas Besonderes. Es trifft immerhin auf über 3 % der deutschen Bevölkerung zu. Anders sieht es aus bei Einkommensmillionären. Im Jahr 2018 hatten "nur" knapp 26300 aller erfassten Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen Einkünfte von mindestens einer Million EUR. Ein Vermögensmillionär wird sich einen Business Jet nicht leisten können, denn die hier diskutierte Cessna Citation CJ1+ kostet 837000 USD pro Jahr (bei 300 Flugstunden im Jahr). Das Vermögen des Vermögensmillionärs wäre damit im zweiten Jahr bereits aufgebraucht. Auch der Einkommensmillionär ist wohl noch zu "arm", um sich allein eine Cessna Citation CJ1+ leisten zu können. Viele Deutsche könnten sich durchaus einmal einen kurzen Flug im Business Jet leisten, haben aber vermutlich noch andere Ideen, wie sie ihr Geld so ausgeben können, so dass der Spaß etwas länger anhält.
Diese Memo erreicht man mit https://purl.org/aero/M2023-06-07.